Nach entspannten Tagen am Lake Kivu geht es langsam weiter Richtung Kigali, der Hauptstadt Ruandas. Eigentlich versuche ich ja große Städte zu vermeiden, aber der Landy braucht wiedermal etwas Liebe und der Eigentümer des coolsten Off-roaders in Afrika ein paar neue Klamotten. Ich bin also auf dem Weg …

Bürokratiewiedermal

Vorher muss noch das „Temporary Import Permit“ für den Landrover verlängert werden, also die zeitweise Einfuhrerlaubnis. An der Grenze zu Ruanda habe ich 14 Tage bekommen und dafür 15.000,- RWF (Ruanda Franc) bezahlt. Verlängern kann man überall beim Ruanda Revenue Service (RRS) – die Steuerbehörde – oder an einer Grenze. Der RRS in Kibuye sagt mir, dafür wären sie nicht zuständig, ich müsste zum Zoll. Was Quatsch ist. De facto haben die beiden Beamten keine Ahnung was ein TIP ist und das Formular noch nie gesehen. Außerdem störe ich mit meinem Anliegen einen von vielen sehr ruhigen und entspannten Tagen und den ganzen Tag nichts tun ist eben schöner als einem Ausländer in der Bürokratie zu helfen. Ist aber nicht schlimm, geht es halt zur nächsten Grenze, die liegt quasi auf dem Weg.

Verlängerung an der Grenze ist kein Problem … und soll auf einmal 30,- USD kosten. Für vier Wochen. Ich habe aber nur noch zwei Wochen Visa, also brauche ich auch nur zwei Wochen TIP. Geht aber nicht. Und natürlich frage ich wieder warum, obwohl mir klar ist das ich keine vernünftige Antwort bekommen werde. So ist es dann auch. Es ist halt so. Und wenn ich jetzt mein VISA um vier Wochen verlängere, fehlen mir wieder zwei Wochen TIP und so weiter und so fort … blödes System.

Teure Missverständnisse

Nach langem Googeln stellt sich heraus, dass das Gesetz weder über Preise noch Zeiten der Verlängerung etwas aussagt. Keine Überraschung. Alles ist immer so formuliert, das man es fast beliebig auslegen kann. Also Anruf bei Mr. Innocent an der Grenze in Cyanika. Nein, wäre alles korrekt, da haben wir Ihn wohl missverstanden. Super. Also 30 Dollar auf den Tisch und die Einfuhrerlaubnis für mein Auto ist verlängert. Das ganze Prozedere hat fast drei Stunden gedauert.

Genug Stress für einen Tag, es geht Richtung Nyungwe Nationalpark zur Nyungwe Eagles Nest Lodge (die jetzt Ken Barham Guesthouse heißt). Kein Platz zum Campen, aber die Managerin macht es möglich. Inklusive Strom aus der Rezeption. Das ist das Tolle hier in Afrika, es gibt nichts was nicht geht und irgendwie gibt es fast immer einen Plan. Mit Folklore am Abend und Gesprächen am Lagerfeuer geht der Tag zu Ende.

Nyungwe Nationalpark

Die Sonne lacht, es geht in den Nyungwe Nationalpark. Durch den Park führt eine malerische und kurvenreiche Teerstraße. Rechts und links abfahren ist nicht. Es gibt aber viele Wanderwege, die in den Dschungel führen. Mit etwas Glück sieht man dann auch verschiedene Affen: Colobusaffen, Paviane, eventuell Schimpansen.

Das Schimpansen-Trekking kostet 90,- USD plus 50,- USD für einen PCR Test, den man machen muss. So ein Quatsch. Der angebotene Baumwipfelpfad soll – völlig überzogene – 60,- USD kosten plus 5,- USD für einen Antigen Test. Es ist ja gut, das man Covid-19 ernst nimmt, aber das ist komplett über das Ziel hinausgeschossen. Der 2-stündige Baumwipfelpfad (Canopy Walk) wäre sicher cool gewesen, aber mir das Geld nicht wert. Also geht es weiter durch den Nationalpark. Es gibt immer wieder schöne Ausblicke und wilde Natur – kostenlos ausnahmsweise.

Gute Nacht – nur wo?

Wie so häufig heißt es auch heute wieder: Und wo übernachte ich? Ruanda ist vielleicht gerade noch auf Camper mit normalem Zelt ausgelegt, aber ein Dachzelt auf dem Auto überfordert die meisten. Fast jedes Mal muss man erklären, das man das Zelt nicht vom Auto nehmen kann. Was verwunderte Blicke nach sich zieht. Beim Ausklappen des Dachzeltes hat man dementsprechend meist Zuschauer. Eigentlich hat man immer Zuschauer, die Leute können hier stundenlang rumstehen und einem zuschauen, wie man etwas trinkt, isst oder nur am Lagerfeuer sitzt.

Okay, übernachten in der Nähe des Nationalparks stellt sich als schwierig heraus. Die Antwort auf die Frage, ob es möglich ist mit einem Dachzelt zu campen lautet eigentlich immer Ja, in der Realität ist es dann doch häufig ein Nein. Der Tag ist jedoch noch jung. Zeit weiterzufahren. Und auch noch Zeit sich ein wenig mit der jüngeren Geschichte Ruandas zu beschäftigen.

Begegnung mit der Geschichte

Auf dem Weg nach Kigali liegt eine der größten Gedenkstätten des Völkermordes in Ruanda. Über Jahrzehnte wurden die Tutsi von den Hutu systematisch vernichtet, der Höhepunkt dieses Genozids lag um 1994. In annähernd 100 Tagen töteten Angehörige der Hutu-Mehrheit etwa 75 Prozent der in Ruanda lebenden Tutsi-Minderheit, in Zahlen ca. 1.000.000 Tutsi. Das Murambi Genozide Memorial Center erinnert nicht nur an diese Verbrechen, es ist auch der Ort an dem zehntausende Tutsi zusammengepfercht und ermordet wurden. Die Gedenkstätte erzählt eine bedrückende Geschichte, konservierte Leichen der ermordeten sind unter anderem hier aufgebahrt. Die (kostenfreie) Führung durch die Gedenkstätte bewegt sich für mich zwischen interessant, informativ und andächtig, respektvoll. Gleichfalls: Das Ganze ist zu weit weg von meiner Geschichte, meinem Erleben, um das zu fühlen, was Einheimische empfinden müssen. Orte wie Ausschwitz, Robben Island oder Ground Zero in New York haben mehr in mir ausgelöst.

Camping mal anders

Dennoch geht es mit leicht gedrückter Stimmung weiter auf der Suche nach einem Platz zum übernachten. Die iOverlander App weis Rat. In der Nähe von Huye – dem nächsten Ziel der Reise – gibt es eine Kaffeefarm auf der man sein Auto hinstellen kann. Kein Luxus, aber wir werden sehr herzlich empfangen, Strom für die Kühlschränke wird organisiert. Wir erleben echte ruandische Gastfreundschaft und müssen dafür nicht einmal bezahlen. „It’s free“, sagt uns Jean-Baptist, der Manager, freudestrahlend. Es wandern dennoch 10,- US Dollar in die Trinkgeldkasse, das gehört sich einfach so.

Nach einer entspannten Nacht geht es weiter. Wir besuchen den König von Ruanda und erleben eine ungewöhnliche Übernachtung …

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