Die Geschichte vom Känguru

Wisst Ihr warum das Känguru Känguru heißt? Nein? Dann ist hier eine schöne Geschichte …

Es war einmal …

Als die Engländer erstmals in Australien ankamen, haben sie diese komische Tier gesehen. Ein Tier, was nicht geht oder läuft, es springt. Und da dieses Tier mit nichts vergleichbar war, was sie kannten, konnten sie dem Tier keinen Namen geben. Also fragten sie die Aboriginis – natürlich in englisch – wie dieses Tier heißt. Und die Aborigines antworteten: Kangaroo. Was in der Sprache der australischen Ureinwohner soviel heisst wie „Ich kann Dich nicht verstehen“. Und so hat das Känguru seinen Namen bekommen.

Ich weiß nicht, ob diese Geschichte stimmt, aber sie ist irgendwie schön. Und zeigt: Sprache ist schwer. Nicht immer geht es darum nur die Worte zu verstehen, zu übersetzen. Es geht darum zu verstehen, auch verstehen, das der andere einen vielleicht nicht versteht. Nicht weil er „nur“ eine andere Sprache spricht, nein, da ist ein wenig mehr. Manchmal sind es unterschiedliche Werte und Normen, ein anderes Verständnis der Dinge. Oder nur eine andere Art zu kommunizieren.

Einfach geradeaus funktioniert nicht

In der westlichen Welt sind wir sehr direkt. Kurze Begrüßung, Frage, Antwort – erledigt. Das funktioniert in Afrika meist auch … und gilt als sehr unhöflich. Hier fragt man wie es dem anderen geht, wird selber gefragt, man erkundigt sich, ob der andere einen schönen Tag hat. „Ja, hatte ich“. Man hat immer einen schönen Tag. Dann stellt man sich vor, sagt woher man kommt, was man so macht. Komplimente werden ausgetauscht:
„Tolles Auto hast Du.“
„Oh, vielen Dank, Du hast ein schönes Haus.“
„Danke, danke, das habe ich selber gebaut …“
„Wow … ganz alleine?“

Naja, und so weiter und so fort. Und irgendwann ist es dann angebracht, die eigentliche Frage zu stellen. Man gewöhnt sich daran. Ist auch irgendwie schön, es zeugt von Interesse, Höflichkeit, manchmal Herzlichkeit. Und manchmal nervt es …

Aus eigener Erfahrung

Ein anderes Beispiel habe ich im Norden Namibias erfahren. Gestrandet im Nirgendwo musste ich mit einem lokalen Stamm der Himba kommunizieren. Das Problem: Keine gemeinsame Sprache. Lösung: Zeichensprache? Auflösung: Hat kaum funktioniert!

Nicht weil wir keine gemeinsame Sprache hatten, nein, weil in Himba zum Beispiel Maßeinheiten fehlen. Kilometer, Zeit in Stunden, Gewicht … das alles existiert in der Sprache der Himba nicht. Etwas ist schwer oder leicht, nah oder fern. Ich kann eine Entfernung in Kilometer einschätzen. Oder in Stunden. Für die Himba ist Entfernung „bis zum Berg und dann zum See und dann ist es nicht weit“. Andere Dinge wie „Ich kann Euer Wasser nicht trinken, davon werde ich krank“ hat dann in Zeichensprache wieder gut funktioniert.

Das Fehlen einiger weniger gemeinsamer Begrifflichkeiten oder ein unterschiedliches Verständnis von Begriffen sind ein Garant für eine Nicht-Kommunikation. Gleiches gilt für unterschiedliche Werte. Und so tritt man schnell in ein Fettnäpfchen.

Vorurteile

Meist begehen wir einen weiteren schwerwiegenden Fehler. Wir, das sind diejenigen die aus der sogenannten „Ersten Welt“ kommen. Der andere versteht uns nicht und … wir halten ihn für dumm, einfältig, gar ungebildet. Weil er keinen Computer bedienen kann, nicht weiß was eine Mikrowelle ist, oder wie ein Feuerzeug funktioniert (kein Scherz, das mit dem Feuerzeug habe ich live erlebt).
Aber er kann Kühe melken. Ich nicht.
Er weiß aus welcher Pflanze man einen Tee kocht, der heilend wirkt. Ich nicht.
Hält er mich für dumm? Ich hatte nie den Eindruck. Er ist verwundert, das ich Dinge nicht weiß, nicht kenne, die für ihn normal sind. Mehr nicht.

Und so blicken wir auf Fremdes was wir nicht nachvollziehen, gar verstehen können – wollen? – in unserem Licht. Nicht in deren. Und dann knipsen wir unsere imaginäre Taschenlampe an, wollen Licht ins Dunkel bringen und sehen doch nur einen kleinen Teil. Wir wundern uns zum Beispiel über einen niedrigen Bildungsstand. Versuchen wieder und wieder unsere westliche Kultur und Denkweise zu den Menschen zu bringen, helfend und mit gutem Willen. Doch häufig sind wir blind. Wundern uns dann, das Dinge – die doch bei uns soviel besser sind – nicht funktionieren. Was wir häufig nicht wahrnehmen und verstehen, ist die Angst der Menschen, dass sie ihre Kultur verlieren. Vielleicht besser: Das sie ihnen genommen wird. Und so lehnen sie manches ab.

Über uns

Und tun wir das in unserer eigenen, westlichen Kultur nicht zu häufig auch? Uns zu wenig mit dem anderen beschäftigen? Oder: Wir haben zu viel mit uns zu tun, sind zu egozentrisch und so versperrt es uns die Sicht auf die Wünsche und Bedürfnisse anderer. Vermutlich.

In den Monaten meiner Reise habe ich immer wieder festgestellt, das Kommunikation am besten funktioniert, wenn man sich auf den anderen einlässt und versucht nicht nur Sprache, sondern auch Werte, Kultur und Gepflogenheiten zu verstehen. Ja, nicht immer leicht. Gelerntes Denken, die eigene Sozialisation auszuklammern, offen und vorurteilsfrei zu sein … es ist manchmal schwer. Ich versuche es, es gelingt besser. Doch wahrscheinlich antworte ich auf so manche Frage immer noch: „Kangaroo!“

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.