Nein, nicht Serengeti und eine Millionen Gnus und Zebras die über den Mara River von Kenia nach Süden Richtung Tansania ziehen. Das ist Kinderkram. Eine Millionen, pah! Ich bin auf dem Weg in den Kasanka Nationalpark an der Grenze zum Kongo. Hier findet von Mitte Oktober bis Mitte Dezember die sogenannte „Fruit Bat Migration“ statt. Rund 10 Millionen Fledermäuse kommen in einen kleinen Teil des Parks. Die Zeit ist richtig, das kann ich mir nicht entgehen lassen. Auf nach Süden.
Sambias Straßen
Von Samfya sind es in etwa 2,5-3 Stunden Autofahrt, also kann ich ganz gemütlich aufbrechen. Es werden letztendlich vier Stunden, den ca. 60 Kilometer der Strecke besteht eigentlich nur aus Schlaglöchern. Und zwar gewaltigen Schlaglöchern. Zu schnell reingefahren und Du kannst Dich von Deiner Achse oder anderen nicht ganz unerheblichen Teilen Deines Autos verabschieden. Das Schild „Drive Slow – Potholes“ wirkt da ziemlich lächerlich. Es ist dann auch mehr ein langsames Dahinrollen. Gut das ich Maut zahle, damit die Straßen in Ordnung gehalten werden können.
Im Park
Der Kasanka Nationalpark ist Nummer 24 auf meiner Reise. Da hält sich die Aufregung in Grenzen und dennoch freue ich mich. Der letzte Nationalparkbesuch war im Katavi NP in Tansania im Mai diesen Jahres. Ich zahle pro Tag 10,- USD Eintritt und 15,- USD für mein Auto. Campen kostet nochmals 15,- USD, die man an der Wasa Lodge im Park bezahlen muss. Insgesamt 40,- Dollar pro Tag finde ich ein fairen Preis. Da kann aber der Staat Tansania noch etwas lernen. Euer Nachbarland Sambia macht vor, wie man Nationalparks führt und in Ordnung hält, ohne Touristen abzuzocken! My 2 cent …
Die Pisten sind sehr gepflegt, hier und da wurde etwas ausgebessert. Alles in allem gut zu befahren, sehr ordentlich. Macht Spaß. Der Park ist nicht soooo tierreich und so sehe ich lediglich ein paar Antilopen und Paviane. Es gibt jedoch auch eine kleine Elefantenpopulation, Nilpferde, Leoparden, …. Aber das haben wir ja alles schon gesehen. Diesmal ist die Attraktion: Fledermäuse.
Ich schaue mir kurz das Camp an, ist ordentlich und gepflegt. Kurzes Schwätzchen mit meinen Nachbarn vom anderen Camp und dann geht es los in den Bat Forest. Der Ranger am Gate hatte mir schon bestätigt, das die Fledermäuse angekommen sind. Am „BBC Public Hide“, einem der Beobachtungsposten, klettere ich auf die Aussichtsplattform in ca. 25 Meter Höhe. Ist wackelig, eine Sprosse fehlt, der linke Handlauf ist nur teilweise befestigt. Nichts was der deutsche TÜV durchgehen lassen würde, aber okay. Ab 17 Uhr ist ein Beobachtungszeitraum, der andere ist morgen gegen fünf. Da ist es eh noch stockdunkel. Ich verharre ca. eine Stunde auf der Plattform, nicht eine einzige Fledermaus. Ich meine, selbst wenn „nur“ ein paar Hunderttausend hier ankommen, sollte das den Himmel verdunkeln. Aber: Nichts. Und da die Sonne langsam untergeht, mache ich mich auf den Rückweg ins Camp. Nächster Versuch dann morgen. Vielleicht dann lieber länger warten und im Dunkeln zurück?
Einer neuer Versuch
Tag 2. Nach geruhsamen 9 Stunden Schlaf begrüßt mich ein schöner Morgen. Die Sonne scheint durch das Blätterdach der Bäume, ein angenehmer Wind weht durch die Farne und Büsche. Lianen hängen von den Bäumen herab, es ist Dschungel-Feeling. Kaffee, Zigarette, eine warme Dusche. Morgenroutine, die sich schnell wieder eingestellt hat. Gegen neun Uhr geht es auf Game Drive in den Nordwesten des Parks. Eine schöne Landschaft, erinnert mich an die herbstlichen Wälder in meiner Heimat. Die Trails sind angenehm zu fahren, allerdings auch schmal. Geländewagenbreite. Die Bäume stehen teilweise eng zusammen, Äste hängen tief hinab. Mit einer Wohnkabine hinten drauf schon schwierig, mit einem Truck eher unmöglich. Oder es heißt: Kettensägenmassaker. Was möglicherweise die Parkverwaltung nicht allzu glücklich macht. Ich bekomme ein Grinsen ins Gesicht und muss an Wolfgang von „Gritschontour“. Insider-Joke.
Tiere sehe ich keine. Es hat kürzlich gebrannt, man sieht noch kleine Feuer und schwellende Brände. Außerdem ist Trockenzeit, die Tiere werden sich demnach eher an den kleinen Flüssen und Seen aufhalten. Im Norden ist eine Flussdurchfahrt eingezeichnet. Reizt mich schon. Doch der Trail ist komplett zugewachsen, hier ist schon Monate niemand mehr lang gefahren. Ich muss an mein nächtliches Offroad Abenteuer mit Joël denken, als wir auf dem Weg zum Lake Kariba in Sambia waren. Ich glaube er hätte gesagt „Schauen wir es uns doch mal an“. Aber ich bin alleine unterwegs und Sicherheit geht vor. Also weiter zur Luwombwa Lodge und zugleich Picknick Spot.
Was man nicht im Auto hat …
Es erwarten mich Loungesofas und eine Aussichtsplattform über dem Fluss. Herrlich. Zeit für einen zweiten Kaffee und ein Frühstück. Rühreier mit Baked Beans. Blöderweise habe ich den Kaffeeplunger im Camp gelassen. Dann Tee. Oder auch nicht, ich habe keinen Zucker und ohne schmeckt`s nicht. Also nur Frühstück. Aber auch sämtliches Besteck ist im Camp geblieben. Ich entscheide mit also für Marmeladentoast und eine kühle Cola aus dem Kühlschrank. Man muss eben in Alternativen denken.
Gegen 15 Uhr bin ich wieder im Camp. Schöne Landschaft, wenig Tiere ist das Fazit. Spuren von Elefanten habe ich gesehen, die Dickhäuter selber leider nicht. Macht nichts, ich genieße den Tag dennoch.
Ich will Fledermäuse
Um 17 Uhr mache ich mich auf in den „Bat Forest“, sind nur 15 Minuten Fahrt. Diesmal „Fibwe Bat Hide“ austesten. Am Parkplatz sitzt eine junge weiße Amerikanerin, spielt am Handy rum. Ich frage, ob alles okay ist. „Ja, alles super, ich wohne hier“. Na klar, was denn sonst, da hätte ich selber drauf kommen können. Sie klärt mich auf, das der Fibwe Hide ca 1,5-2 Kilometer Fußmarsch sind. Ist auch definitiv matschig. Und Hippo Gebiet. Damit hat sich das für mich erledigt. Also zum Platz von gestern, diesmal auf einem nicht auf der Karte eingezeichneten Weg, sieht nach Abkürzung aus. Ich lande nach ein paar hundert Metern in einer Sackgasse – und an einer nagelneuen Plattform. Prima, nehmen wir diese.
Oben steht ein Parkangestellter, der Handyempfang ist in der Höhe besser. „Fledermäuse zu sehen?“, rufe ich hoch. Nein noch nicht, die kommen um zehn nach sechs. Alles klar, zehn nach sechs. Echt jetzt? 10 nach 6? Der weiß es aber genau. Ist ja wie „Wo ist den Peter?“. „Ach, der duscht noch, der kommt um zehn nach sechs“. Witzig. Aber: Eine genaue Zeitangabe ist ja mal hoffnungsvoll.
17:55 – Nicht eine Fledermaus zu sehen. Ich stelle mir komische Fragen, wie:
- Hört man die eigentlich, wenn sie fliegen?
- Wie schnell fliegt eigentlich eine Fledermaus?
- Und aus welcher Richtung kommen die eigentlich?
Letztere Frage ist ziemlich dämlich, den ich stehe auf einer 360 Grad Plattform. Die Richtung ist also egal.
18:05 – Immer noch keine Fledermaus. Die Sonne geht schnellen Schrittes unter.
18:07 – Ein paar vereinzelte Vögel (oder Fledermäuse?) ziehen an mir vorbei. Noch drei Minuten. Wer`s glaubt.
18:08 – Verdammt, sie sind da. Von Westen her fliegen sie knapp über den Baumwipfeln ein. Tausende. Dann Hunderttausende. Millionen? Weiß ich nicht, es sind viele! Bis zum südlichen Horizont ist alles voll mit Fledermäusen. Irre. Das ist schon ein Schauspiel. Und vermutlich zum Höhepunkt der Migration Mitte November noch viel beeindruckender. Dennoch: Es ist ziemlich cool. Ich hoffe ich konnte ein wenig auf dem folgendem Video einfangen.
15 Minuten später ist das Schauspiel vorbei. Die Sonne ist fast verschwunden, Zeit wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen und von der Plattform herunter zu steigen. Scheinwerfer und LED Spotlights an, je mehr desto besser. Als ich den Wagen starte ist es bereits stockdunkel. Das geht schnell hier in Afrika.
Und während ich durch den tiefschwarzen Busch rolle, denke ich mir: „Gut, das Du nicht zu dem anderen Platz gewandert bist. 1,5 Kilometer nachts alleine durch den Busch zu laufen, ist wirklich nichts was man ausprobieren sollte. Auch nicht zu zweit oder in einer Gruppe. Die Nacht im afrikanischen Busch ist nicht für Homo Sapiens gedacht. Besser man respektiert das.