Habt Ihr auch schonmal gedacht: Was bleibt? Wenn wir gehen, diese Erde verlassen, was bleibt? Habe ich gelebt, geliebt, habe ich erlebt? Oder war ich nur ein Hamster im großen Rad der Gewohnheiten, des Alltags, des Erwarteten. Habe ich mich gefragt „Darf ich das?“ oder habe ich es einfach getan?

Ich bin nun fast 50 und habe mir diese Frage vor ca 4-5 Jahren gestellt. Ich war erfolgreich in meiner Selbstständigkeit, hatte eine tolle Beziehung, den Luxus den ich haben wollte. Schickes Auto, Reisen, schöne 140 qm Wohnung, Mini Cabrio als Zweitwagen, einen Oldtimer für den Spaß bei schönem Wetter, alles da was ich brauchte. Oder wollte. Ich war weit weg vom Millionär, aber Geld spielte irgendwann eine untergeordnete Rolle, es war einfach immer da.

Ich hatte mir all das erarbeitet, ziemlich gutes Gefühl. Alles mit meinem damaligen Geschäftspartner aus dem Nichts aufgebaut. Und dann kam die Frage: Was noch? Lebe ich?

Noch mehr arbeiten? Die Firma vergrößern? Dafür weniger Freizeit und Privatleben? Ich wollte gerne mal für eine Zeit ins Ausland, einfach mal schauen wie es so ist. Nicht gleich auswandern, aber sich die Option offen halten. Der Kompromiss waren dann sechs Wochen Arbeit und Urlaub in Kapstadt. Da muss ich mir wohl den Afrika-Virus geholt haben.

Drei Jahre später saß ich immer noch in Deutschland. Wohl mit einer gewissen Unzufriedenheit, die ich als solche nicht erkannt habe. Und so kam erst eine  Lustlosigkeit Dinge zu tun, alles war nur noch eingespielter Alltag, dann wurde der Job nur noch halbherzig erledigt – irgendwann dann nur noch aus einem Zwang heraus – und die Beziehung wurde halbherzig gelebt. Eigentlich nicht mal gelebt, sie war einfach existent und selbstverständlich. Was Beziehungen nie sein sollten, soviel habe ich gelernt. Und dann kam Kollege Burn-Out und gab dem Ganzen den Rest.

Das ich meine Firmenanteile dann verkauft habe, war für mich eine gute Entscheidung. Für meine Beziehung möglicherweise eine schlechte. Kann man drüber philosophieren.

Und wieder stand die Frage nach dem „Und was bleibt“ im Raum. Nach dem großen schwarzen Loch kamen die ersten Ideen, ich schrieb die ersten Konzepte, recherchierte und plante. Und verwarf wieder alles. Und fing wieder an. War wie bei Sysiphos, der scheiß Stein ist immer wieder den Berg runtergerollt.

Und dann war da die Frage nach dem „Was mache ich hier eigentlich?“ und dem „Bin ich hier noch richtig?“. Vermutlich war ich es nicht, jemand anders hatte das besser erkannt als ich und mir vorgeschlagen eine zeitlang zu reisen. „Das wolltest Du doch immer“. Ja, richtig, das wollte ich schon länger. Aber ich hatte mich auch immer gefragt, ob ich das darf. Das wäre ausbrechen. Macht man das? Darf man das? Natürlich nicht!

Nun bin ich seit sechs Monaten in Afrika. Sabbatical. Ich habe eine gute Zeit, vielleicht die Beste meines Lebens. In dieser Zeit habe ich viel Tolles erlebt und auch vieles, was nicht so schön war. Erfahrungen eben. Ich konnte Abstand gewinnen, vom Alltag, von Erwartungen, von Zwängen und Konventionen. Und die Beziehung? Die ist Teil meiner Vergangenheit. Was mit mir reist, ist der Gedanke an eine tolle Zeit und meine Liebe. Nicht jeden Tag, aber häufig und heute wo ich dieses schreibe, weil es wichtig ist. Weil es MIR wichtig ist! Weil es da draußen einen Menschen gibt der wichtig ist und es immer bleiben wird.

Und was noch?

Tja, das weiß ich noch nicht. Rückblickend hatte ich in meinem Leben schon alles was ich jemals wollte. Und das was ich nicht hatte und von dem ich gedacht habe ich hätte es gerne, dass brauche ich jetzt nicht mehr. Gut, die Villa am Strand vielleicht. Und den Aston Martin. Und vielleicht auch die Freiheit, alles das zu tun was ich möchte. Aber vielleicht habe ich die ja schon und weiß es noch nicht?

Und so sitze ich nun hier am Lagerfeuer und lasse den Gedanken freien Lauf. Es sind nun über sechs Monate die ich durch Namibia und Südafrika reise, kommt mir irgendwie unwirklich vor. Schon jetzt hat mich Afrika viel gelehrt, Gelassenheit, Ruhe, mit kniffeligen Situationen zurecht kommen. Ich stresse mich nicht mehr, bin nicht mehr getrieben davon, etwas tun zu müssen. Und mein Tinitus im linken Ohr ist weg, auch nicht schlecht. Vielleicht ist das die Antwort auf das „Was noch?“. Alles runterfahren, die Leistungsgesellschaft hinter sich lassen, sich neu sortieren und finden.

Was bleibt?

Ist persönlich, Gedanken sind immer persönlich, muss man ja nicht veröffentlichen … andererseits, liest ja eh keiner … 😉.

2 Gedanken zu “Was wirklich bleibt

  1. Hallo Thomas,
    Joël hat uns auf deine Website hingewiesen.
    Schön gemacht und interessant und spannend geschrieben.
    Wir wünschen dir/euch weiterhin gute Reise und eindrückliche Erlebnisse!
    Liebe Grüsse
    Peter & Karin (Joël’s Eltern)

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