Die Taue sind gekappt. Alles bleibt hinter mir, keine Homebase mehr in Deutschland. Der wichtigste Mensch in meinem Leben, lebt ein neues, anderes Leben ohne mich. Was okay ist, dennoch weh getan hat, mich gleichzeitig befreit und doch schwer ist, denn ich reise noch mit der Erinnerung an etwas ganz Großartiges.
Es heißt „Alles hat seine Zeit“, Zeit läuft jedoch ab. Sie verrinnt wie im Fluge. Ich schaue zurück aber auch nach vorne. Ist noch ein Nirwana aus wundervoller Vergangenheit und ungewisser Zukunft. Ein Mix der Gefühle. Aber ich reise. Ich bin mit meinem Landrover auf der Straße, den Sound des V8 im Ohr, ein beständiges sonores Röhren, Ziel unbekannt. Das fühlt sich jeden Tag besser an. Jeden Tag kann ich besser mit der Erinnerung reisen und nach vorne blicken. Es ist meine Zeit! Ich nutze diese Zeit. Das ist vielleicht das Wertvollste was ich habe: Zeit. Wie schnell sie verrinnt und wie wenig wir davon haben, hat mir der zu frühe Tod zweier lieber Menschen in den letzten Wochen bewusst gemacht.
Ja, manchmal ist es schwer mit der Erinnerung zu reisen, doch dann ist am nächsten Morgen die Straße wieder mein Freund. Der V8 schnurrt Kilometer um Kilometer dem nächsten Ziel entgegen, bringt mich sicher über Afrikas Pisten. Dann fühle ich mich frei, denke nicht zurück, bin glücklich. Es ist wahrscheinlich die beste Zeit meines Lebens.
Raus aus dem Hamsterrad, frei von Druck und Stress, von dem Bewusstsein etwas machen zu müssen, ein kleines Rädchen in der Maschinerie zu sein, was sich beständig drehen muss. Kein Höher, Schneller, Weiter mehr, keine Statussymbole, kein mehr mehr mehr. Ich bin frei von Erwartungen, frei von Abhängigkeiten, frei jeden Tag zu entscheiden wohin mich meine Reise bringt. Ich lasse mich vom Leben treiben, was mal beängstigend war, ist nun einfach nur schön. Es ist befreiend. Irgendwann werde ich irgendwo ankommen, bis dahin ist der Weg das Ziel.
Mein Leben ist in 15 Umzugskartons verpackt, alles andere verkauft und verschenkt. Der Wohnsitz ist aufgegeben, bis auf die Altersvorsorge ist alles was möglich ist gekündigt. Vielleicht sollte es sich komisch anfühlen mein altes Leben so rigoros zu kappen. Aber mit jedem Tag auf Reise weiß ich, ich habe die richtige Entscheidung getroffen. Der „Burn-Out-Teufel“ entlässt mich langsam in die Freiheit. Farewell my friend … Du hast mein Leben zu lange begleitet, jetzt lebe ich es wieder allein und auf meine Art!
Es ist wunderschön hier. Afrika ist unglaublich beruhigend finde ich. Die Weite, die Stille, die Unendlichkeit der Landschaft, das alles ist wahnsinnig schön. Ich kann alles hier jeden Tag genießen und fühle mich gesegnet das ich Afrika in diesen Zeiten bereisen darf. Ich entdecke Dinge, die ich früher übersehen hätte. Ich genieße es draußen zu sein, zu fahren, mich jeden Tag neu zu orientieren. Ich vermisse keinen Fernseher, keine Spülmaschine, all die Technik ist schön, aber ein Luxus den ich gerne gegen Freiheit eintausche.
Ich treffe unglaublich tolle Menschen. Interessante Charaktere, verrückte Geschichten, erfahre viel Hilfsbereitschaft. Afrika ist gut zu mir, es ist freundlich. Das ist einfach nur schön.
Ohne Plan geht es immer der Nase nach. Ich reise allein, doch nicht einsam.
Möglicherweise bin ich wohl kein Engel …