Alles richtig gemacht. Oder?

Ja?
Nein!
Doch schon.

Ich habe am 19. Oktober 2022 angefangen diesen Artikel zu schreiben. Ihn aber nie veröffentlicht. Genau ein Jahr später auf den Tag genau sehe ich den Facebook Post einer sehr guten Freundin. Ähnlicher Tenor, zumindest das selbe Thema: Giving back. Zufall? Wer weiß das schon … ich denke die Zeit ist jetzt reif für diese Zeilen und Gedanken.

Ja, manchmal weiß ich nicht, was richtig oder falsch ist. Ich spreche davon, wie mir Afrika begegnet. Oder wie ich Afrika erlebe, erfahre. Und wie ich mit allem was mir begegnet umgehe. Es ist kontrovers. Manchmal zumindest. Manchmal spürt man, was zu tun ist, nicht immer, doch ständig überlegt man, was ist richtig, was ist falsch. Ich tue das. Du auch?

Tourist vs. Reisendem

Touristen erleben nicht, was jeder erlebt, der länger auf Reisen ist. Abseits von tollen Hotels und Traumstränden, nicht „abgeschottet“ im Ferienressort. Ich meine das Zusammentreffen der Kulturen, erste und dritte Welt. Der Versuch des Eintauchens in die Kultur in den verschiedenen Ländern. Eintauchen in das Leben der Menschen, die wir nur durch unsere „Erste-Welt-Brille“ sehen können. Es kann nicht mehr als ein Versuch sein, wir werden nie richtig teilhaben und schon garnicht ein Teil davon werden. My 2 cent. Ich rede nicht von hüpfenden Massai in Tansania und Kenia. Oder barbusigen Himbafrauen mit Ihren ockergetränkten roten Haaren in Namibia. Das ist Stammeskultur für Touristen. Wow, das echte Afrika mit authentischen Ureinwohnern. Schwachsinn! Touristen erleben ein „Business“. Doch auch über den touristischen Tellerrand hinaus, ist es eine fremde Welt. Wir sehen sie, fühlen sie, können sie schmecken, die Sprachen lernen und werden doch nicht Teil sein, egal wie nah wir dran sind.

Alltag in Afrika

Wie viele Overlander erlebe ich den Alltag der Menschen. Es ist auch mein „Alltag“. Wir reisen, ja, doch leben auch in den Ländern, in denen wir zu Gast sein dürfen. Wir sind unter Ihnen. Sie laden uns in Ihr Dorf ein, wir sitzen gemeinsam am Lagerfeuer, tauschen Geschichten aus. Doch für manche sehen wir aus wie Geldautomaten. Muzungu, money money. Du bist weißer Hautfarbe, Du bist reich. Verständlich? Ein wenig. Ich habe mehr in meinem Landrover, als viele zu Hause haben. Ich habe ein Auto! Einen Kühlschrank. Ein Solarsystem. Einen Bluetooth Lautsprecher. Da muss ich wohl ein verdammter Millionär sein. Was sage ich, Fantastillionär.

Ja, diese Erlebnisse gibt es, es ist (traurige) Realität. Doch es gibt viele schöne Erlebnisse. Herzliche Menschen, freundlich, aufgeschlossen. Sie wollen nichts haben. Außer unsere Geschichten. Von uns, von unseren Reisen. Sie träumen durch uns, durch das was wir berichten. Jean-Pierre aus Gitega in Burundi ist einer von Ihnen. Sie bestaunen unsere Autos – ohne Neid. Bestaunen unsere Ausrüstung – ohne Gier danach. So empfinde ich es. Naja, meistens. Wir sind keine Freunde, werden es nie sein. Nie werden wir Teil der Kulturen werden. Auch wenn man noch so lange reist, lange in einem Land lebt, die Sprache spricht. Es wird immer sie und uns geben. Ausnahmen bestätigen die Regel, doch in 99% der Fälle ist es halt so. Meine Sicht und Erfahrung.

Giving back

Ja, Giving back. Etwas zurückgeben für die Gastfreundschaft, für viel Herzlichkeit, dafür, das wir Willkommen geheißen werden. Das man uns Schutz und Sicherheit gibt. Ja, das ist gut. Doch manchmal weiß ich nicht, ob ich es richtig mache. Kinder schauen mich an, führen drei Finger zum Mund sagen: „Hungry, hungry“. Ich teile mein Brot, geben Ihnen Obst. Ich fahre weiter und sehe wie meine Gabe in den Busch geschmissen wird. Denn es geht um Geld.

Ein Junge schaut mich an, führt drei Finger zum Mund, sagt: „Hungry, hungry“. Ich gebe Ihm ein Brot, er packt es in eine Plastiktüte, hütet es wie ein Schatz, sagt „Thank you Sir“. Er lächelt. Ich fahre weiter und sehe im Rückspiegel, wie er das Brot mit seinen Freunden teilt. Wow. Feuchte Augen, Dankbarkeit, ein gutes Gefühl. Doch: Was ist richtig, was ist falsch?

Ein Junge, vielleicht zehn Jahre, hilft mir meine Einkäufe zu tragen und diese ins Auto zu packen. Er fragt nicht nach Geld. Ich gebe Ihm einen Dollar. Er freut sich, bedankt sich. Der Wachmann vom Supermarkt kommt zu mir und sagt, ich soll diesen Straßenkids nichts geben, sie wären unnütz. Ich erwidere, das der Junge ein Dienstleister ist und er deshalb bezahlt wird. Der Wachmann versteht es nicht. Mache ich es richtig oder nicht?

Ich fahre in die Stadt zum Einkaufen und frage meinen Gastgeber, ob ich ihm etwas mitbringen kann. Ich habe ein Auto, er nicht. Es sind 80 Kilometer bis in die Stadt. „Nein Tom, wir brauchen nichts“. Wirklich? Etwas Fleisch vielleicht? „Oh, ja … ich mag so gerne gutes Rindfleisch“. Easy. Das Fleisch kostet drei Euro. Verrechnen wir mit dem, was ich für die Übernachtungen zahle. Hör auf Thomas, das ist doch Quatsch, verrechnen wir natürlich nicht. Mein Gastgeber ist super happy … und mir ist es peinlich, das ich nicht mehr gekauft habe. Richtig? Falsch? Beschäme ich die Leute? Manchmal weiß ich es nicht. Ich bin der „Sugar Daddy“, ja. Sehen diese Menschen es auch so? Wie seht ihr das?

Auch in der alten Heimat habe ich immer Trinkgeld gegeben, wenn der Service stimmte. Hier in Afrika halte ich es genauso. Und doch … ich will kein Almosen geben, mich lediglich für eine herzliche Gastfreundschaft bedanken. Oder eine „Dienstleistung“. Gleichfalls generiert man eine Erwartungshaltung. Warum gibst Du ihm und nicht mir. Warum gibst Du nicht jedem etwas? Warum nicht alles? Muzungu, money money.

Wer, wem, wann, wieso?

Wir wollen helfen, tun es auch, doch es sind zu viele. Zu viele Hände, zu viele Gesichter, zu viele Leben, die Hilfe benötigen. Wer bekommt meinen Dollar, ein T-Shirt, mit wem teile ich mein Essen? Und nähre ich nicht damit eine Erwartung? Der weiße Mann wird schon helfen, warum soll ich etwas tun, wenn mir doch gegeben wird? Das erzieht zur Unselbstständigkeit, zur Abhängigkeit. Gib einem Mann einen Fisch und es ernährt Ihn für einen Tag. Lehre ihn zu fischen und er wird jeden Tag etwas zu essen haben. Das ist mehr der Spirit. Und doch sind es so viele, ich kann sie nicht alle lehren, wie man fischt.

Vielleicht sollte ich einfach tun, was ich im Moment für das Richtige halte. Meinem Gefühl folgen. Doch genau das kann mich auch täuschen. Wie haltet Ihr es? Kennt Ihr diese Situationen? Lasst mir doch mal einen Kommentar da, ich bin interessiert wie Ihr das seht …

Danke an C.A. für die erneute Inspiration

Header picture courtesy of Lake Shore Lodge & Campsite

Ein Gedanke zu “Alles richtig gemacht. Oder?

  1. You are so right. Byes it’s difficult to choose how and who to help. And is the help then taken for granted. My experience is to be fair but not allow the greedy few to over charge you, these I walk away from but explain that now their greed has brought nothing whilst charging me maybe 20% more because I am Muzungu would have brought something. My biggest problem is they dream to big and cannot see the near solution to start slow to reach the far dream. Thinking of the guy in Rwanda who would not sell you coffee as he needed a shop before he could sell his coffee, but how will he get money to build a shop if he will not sell us coffee to begin with. I think our biggest achievement to see change from our comments and suggestions comes from Moses the pangolin man, but then he is a rare man.

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