Ich erfülle mir einen langgehegten Wunsch. Schon 2021 wollte ich unheimlich gerne – und ich weiß gar nicht warum – zu den Tsodilo Hills im Nordwesten Botswanas fahren. Dort gibt es Jahrtausende alte Felszeichnungen der Khoi-San. Was mich daran schon damals so fasziniert hat, kann ich nicht sagen. Manchmal habe ich einfach das Gefühl, an einen Ort fahren zu müssen. Hat damals aus Zeitgründen allerdings nicht geklappt. Jetzt ist es Zeit mir diesen Wunsch zu erfüllen. Die botswanische Grenze ist nicht weit und so steht der Plan.
Eingekauft = blöd!
Vorher kaufe ich noch etwas Wildfleisch – Gnu und Zebra – beim Mobola Camp ein. Das Camp am Okavango ist immer eine gute Anlaufstelle für gutes Fleisch jeder Art. In Divundu wird dann noch Wasser und Gemüse organisiert und schon bin ich auf dem Weg zur Mohembo Grenze. Der Grenzübergang ist easy, dauert 30 Minuten. Aber auch nur weil ich noch 15 Minuten Smalltalk mit dem Zollbeamten mache. Mein noch sechs Wochen gültiges „Road Tax Certificate“ zu deutsch „Straßennutzungsgebührbescheinigung“ – geiles Wort, oder? – verliere ich dabei und darf bei Einreise in vier Tagen das Ganze nochmal bezahlen. Sind ca. € 23,-. Dafür muss ich allerdings zum Zoll nach Rundu an der Grenze zu Angola fahren, den der Doba Grenzübergang, den ich nehmen werde, stellt als einzigster Grenzübergang zu Namibia diese Bescheinigung nicht aus. Fantastisch!
Not allowed
An der Ausfahrt des Grenzposten ist dann noch eine Veterinärskontrolle. Man darf Fleisch und verschiedene Gemüse nicht nach Botswana einführen. Weiß ich. Wegen der beständig vorherrschenden Maul- und Klauenseuche in Teilen Südafrikas und Namibia. Habe zwar noch nie gehört, das eine Tomate oder ein Kohlkopf Maul- und Klauenseuche gehabt hätten, aber es ist halt nicht alles logisch. Viel bescheuerter von mir ist: Ich habe den Kühlschrank voll mit Fleisch. Ich kenne die Gesetze, habe aber irgendwie nicht daran gedacht. Andererseits, es wird extrem selten kontrolliert. Nicht so hier. Man nimmt es genau. Mist!
Gemüsetechnisch sind Paprika, Lauch und Karotten okay, Zwiebeln und Weißkohl aber nicht. Fleisch geht gar nicht. Ich entschuldige mich mehrfach, „Ja, ich kenne die Regeln, war so aufgeregt wieder nach Botswana einreisen zu können – vergessen!“. Ich schäle zwei Zwiebeln, pelle die äußeren Blätter vom Kohl ab – da besteht man drauf -, quatsche die Jungs zwischendurch zu, entschuldige mich erneut. Ich erzähle von Gott und der Welt, lenke ab, mache Smalltalk. Letztendlich muss ich versprechen, das ich alles heute koche und die Fleischsäfte in ein tiefes Loch in der Erde laufen lasse. Geht klar, Officer. Ja und dann bin ich mal wieder in Botswana. Ich freue mich.
Tsodilo Hills
Tsodilo Hills ist 36 Kilometer von der Hauptstraße entfernt Richtung Westen. Die Piste ist okay, 50 Minuten später bin ich am Gate. An der abgelegenen Malatso Campsite im Norden darf ich leider nicht campen. UNESCO Welterbe, Sperrgebiet für mich. Nur mit Ausnahmegenehmigung. Also wird es für mich eines der Community Campsites werden. Ich sehe zwei Plätze mit Dusche und Toilette, entscheide mi h aber dennoch für eine abgelegene Campsite mit schönem Ausblick im Busch. Die kostet trotzdem 130,- Pula, was circa € 9,- sind. Für hiesige Verhältnisse ein wenig teuer. Dafür ist die geführte Wanderung zu den Felszeichnungen mit 120,- Pula wiederum recht günstig. Es gibt den „Rhino Trail“ mit ungefähr vier Kilometern. Dauert zwei Stunden. Der „Cliff Trail“ ist halb so lang und dauert zwei Stunden. Der „Lion Trail“ hat nur 800 Meter und dauert … zwei Stunden. In anderen Worten: Die Tante am Gate hat von Tuten und Blasen keine Ahnung. Die Wanderung mache ich morgen, dann sehen wir es ja.
Auf den Spuren der Geschichte
Die Wanderung zu den Felszeichnungen mache ich mit Xhunau. „Xh“ ist wie im Xhosa ein Klicklaut, spricht sich in etwa wie Gunau aus. Er ist waschechter San, hier geboren und aufgewachsen. Das macht es für mich nochmal besonderer, den eigentlich führt er mich ja nicht nur herum, er zeigt mir seine Heimat und die Geschichte seines Volkes. Man sieht, er ist stolz darauf San zu sein. Xhunau sieht so alt aus, als hätte er einige der 3.000 Jahre alten Zeichnungen selbst gemalt. Und er ist ein Legende unter den Führern wird mir gesagt. Sein Englisch ist miserabel, er spricht jedoch außer seiner Muttersprache noch fünf weitere Bantusprachen. Ich spreche außer Deutsch noch Englisch, Französisch und etwas Kisuaheli. Der Punkt für Sprachkenntnisse geht an ihn. Der für Ausdauer im Übrigen auch, wie ich später feststelle.
Tsodilo Hills besteht aus vier Hügeln. „Male“, „Female“ und zweimal „Child“. Der Rhino Trail führt um „Female“ herum und auch hinauf, was bei 30 Grad Celsius anstrengend ist. Aber: Echt interessant. Xhunau erklärt jede Zeichnung, jedes Tier und da ist alles dabei: Giraffe, Büffel, Elefant, Wildebeast, Esel, Eland Antilope, Kudu, Chameleon, Zebra, Nashorn. Die meisten Tiere findet man in dieser Gegend schon lange nicht mehr, da es kein Wasser gibt. Elefanten sieht man im Januar erklärt er. Da ziehen die Herden vom Khaudum Nationalpark in Namibia zum Okavango Delta. Wenig später zeigt er mir eine Zeichnung, auf der ich zwei Wale erkenne. Einer bläst gerade eine Wasserfontäne hoch. „Ja, und daneben siehst Du einen Pinguin“. Verrückt! Die Khoi-San sind über zwei Jahre hinweg bis zum Atlantik gewandert, haben Bilder der Tiere auf Holzplanken gemalt und dann hier in den Tsodilo Hills auf Fels verewigt. Copy/Paste der Steinzeit.
Die Zeichnungen sind meist rot, eine Mischung aus Tierfett und Blut. Eine Zeichnung ist weiß. Hier wurde statt Blut Asche verwendet. Es gibt Zeichnungen von Menschen und Feuer. „Zwei alte San sind mit zwei Jüngeren zum Jagen gegangen und tanzen ums Feuer um den Jagderfolg zu feiern“, erklärt mir Xhunau. „Und da am unteren Teil sieht man den Penis, waren ja nur Männer, keine Frauen dabei … verstehst Du was ich meine ;-)“, sagt er mit einem Grinsen. Aha, na wenn das mal nicht der Genderdebatte eine ganz andere Wendung gibt.
Oben auf dem Hügel hält er an. „Hier hat mein Großvater noch gelebt, hier war das Dorf“. Später zeigt er mir eine Stelle an der ovale Einkerbungen sind. „Zum Schleifen von Äxten. Eine Werkstatt“. Am Ende der Wanderung geht es noch ins kleine Museum. Xhunau kennt alles in und auswendig, da hängt ein Bild von ihm als junger Mann, daneben sein Vater, der Chief vom Dorf war. Der Spruch auf der Tafel ist von Xhunau. Er kennt die ganzen Forscher – auch persönlich, ist Jahrzehnte lang mit ihnen durch die Hügel gewandert, hat Entdeckungen gemacht. Jetzt weiß ich, warum er eine Legende genannt wird.
Ich fand es super interessant und bin sehr froh, das ich diesen Abstecher gemacht habe. Ich kann jedem nur empfehlen, sich die Tsodilo Hills einmal anzuschauen und 2-3 Tage hier zu campen. Bis Maun, dem Tor zum Okavango Delta, sind es von hier gerade mal 300 Kilometer Teerstraße. Und wenn ihr die Wanderung macht, bitte nicht in Flipflops.
Achso, der Rhino Trail, der ist übrigens wirklich zwei Stunden lang …



























