April 20, 2025

Ich mach mich mal unbeliebt

Ich schreibe jetzt mal etwas ziemlich Unpopuläres! Darf ich, ist ja meine Meinung und ich bin in einem Land geboren, in dem die Meinungs- und Pressefreiheit im Grundgesetz verankert ist.

Ungleichheiten

Jeder der mich kennt weiß, wie sehr ich Afrika liebe. Tolle Länder, tolle Menschen, tolle Natur. Teilweise völlig unsinnige Bürokratie, was ja noch witzig sein kann, wenn es nicht um Geld geht. Das hier alles langsam und umständlich ist, ist ja jedem der schon mal Afrika länger bereist hat bekannt. Und ja, auch in Deutschland ist Bürokratie manchmal lästig und nicht nachvollziehbar. Hier in Afrika ist dies ein Dauerzustand, aber eben auch skuril und irgendwie lustig, wie man hier lesen kann.
Was mich immer aufregt, ärgert und mit dem Kopf schütteln lässt, ist die Zwei-Klassen-Gesellschaft wenn es zum Beispiel um Eintritte in Nationalparks oder Übernachtungen angeht. Da zahlt der Einheimische $5, der Besucher aus der Wirtschaftsgemeinschaft $8, der Tourist – und der kommt zu einem großen Teil aus Europa – $20. Und die Argumentation zur Erklärung des Preisgefälles ist immer „Ja, Ihr habt ja auch mehr Geld“. Du Knallkopf, bei uns ist aber auch alles viermal so teuer! Ihr müsst doch die Leistung die ich erhalte bepreisen, die ist ja für jeden gleich, und nicht nach Geldbeutel. Oder Preise würfeln. Man stelle sich mal vor, wir in Europa würden das Vierfache an Eintritt für etwas verlangen, nur weil der Besucher aus Afrika kommt. Dann sind wir Rassisten. Das geht durch die Medien. Und der, der sich das ausgedacht hat, kann morgen Arbeitslosengeld beantragen. Aber hier in Afrika, da darf man das. Da ist man dann ein Ignorant und ein arroganter Snob, wenn man das kritisiert. Das Privileg der 3. Welt – Besucher aus der sogenannten 1. Welt abzocken. Zumindest wenn es um Nationalparks geht. Und Autowerkstätten in Tansania. Und COVID Tests in Uganda. Aber die Zeiten sind ja vorbei.

Offiziell abgerippt

Tansania macht das sogar in der offiziellen Preisliste der Nationalparks sehr deutlich. Ein einheimisches Auto bis zwei Tonnen zahlt $5, alle anderen zahlen $20. Gut, nehmen wir mal so hin. Über zwei Tonnen (und unter drei) zahlt der Einheimische $10, alle anderen $80. Das Vierfache! Argumentation: Die schweren Autos machen die Pisten kaputt. Verstehe ich, deshalb zahlen die mehr. Aber mein Auto wiegt das selbe wie das tansanische , warum zahlen ich das Vierfache anstatt „nur“ das Doppelte? Achso … ich vergaß, ich habe ja viel mehr Geld. Interessant!
Das ist schlicht und ergreifend politisch gesteuerte Abzocke von Touristen, die eh schon tausende von Euro oder Dollar im Land lassen. Insbesondere von Individualreisenden. Die für Euch, liebe Länder, auch noch kostenlos Marketing auf Social Media und in Blogs betreiben. Und weil wir doofen Ausländer das alles so hinnehmen, erhöht Ihr die Preise jedes Jahr um 10-15%. Der Pauschaltourist merkt es ja auch gar nicht. Und genau deshalb fahre ich nach Möglichkeit nicht mehr in Eure Nationalparks und übernachte lieber im lokalen Community Camp, einem kleinen Dorf oder einer Farm. Da weiß ich wenigstens, das mein Geld bei den Leuten ankommt. Und ich lerne viel viel mehr über das Land, die Kultur und die Menschen.

Vorbild Burundi

Ich weiß nicht wirklich was mit den Einnahmen passiert. Aber in die Pflege der Campingplätze und die Instandhaltung der Pisten geht es meist nicht. Campen im Tarangire Nationalpark in Tansania hat mich $ 30,- plus Steuer gekostet. Es gab kein Wasser, also gingen Toilette und Dusche nicht, alles war verdreckt , zugemüllt, in der Gemeinschaftsküche hat jemand einfach hingekackt und für Feuerholz wollte man dann nochmals Geld haben. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel. Eine unerwartete Überraschung war der Kibura Nationalpark im Nordosten Burundis, eines der ärmsten Länder der Welt. Eintritt für mich und mein Auto waren $ 15,-, egal wie lange ich bleibe. Man bestand darauf mir alle vier Campsites persönlich zu zeigen. Alles ordentlich und sauber. Und der Buschwalk am nächsten Morgen mit den Rangern? Der war kostenfrei. „Thomas, wir werden doch vom Staat bezahlt, damit wir dir die Schönheit unseres Landes zeigen, und außerdem hast Du Dich schon Eintritt bezahlt“. DAS liebe Freunde ist Willkommenskultur in einem Land das jeden Dollar braucht!

Nachhaltigkeit

Und egal wie sehr die Preise auch erhöht werden, es kommt seltenst bei den Menschen an. Der Kollege, der morgens meinen Müll entsorgt und die Asche von der Feuerstelle kehrt, der Wachmann am Abend, der Typ, der das Wasser mit Feuer anheizt, damit ich eine warme Dusche habe? Die wohnen alle noch in der Wellblechhütte, weil das Geld eben NICHT in Form einer Gehaltserhöhung bei ihnen ankommt.

Wenn ihr also in den nächsten Nationalpark irgendwo in Süd- oder Ostafrika fahrt … denkt mal drüber nach.