Der Landrover hat wieder Bock auf Offroad. Und ich auch. Und es gibt hier eine Strecke, die während der Regenzeit nahezu unpassierbar ist und während der Trockenzeit zumindest anspruchsvoll sein soll. Der Plan: Von Mpanda die „Old Mpanda Road“ Richtung Mahale Mountains Nationalpark nehmen – die soll ziemlich offroad sein -, irgendwo wildcampen, dann am See entlang nach Kigoma und in den Gombe Nationalpark zum Schimpansen Trekking. Dann in Kigoma einen Freund samt Sohn – Dirk und Simon – abholen, die beiden im Katavi Nationalpark rausschmeißen und weiter zurück zur Lake Shore Lodge. Begleiten wird mich spontan Oli, 19 Jahre, aus UK, der ein paar Wochen bei uns als Voluntär hilft.
Es geht leicht verspätet los, die diesmal richtig miese Piste durch den Katavi Nationalpark kostet uns eine zusätzliche Stunde und so sind wir erst gegen 14:30h in Mpanda. Kurz Lebensmittel auf dem Markt kaufen, Zigaretten und Alkohol, verspätetes Mittagessen à la Streetfood und ab geht’s auf die Piste. Vermutete Fahrtzeit ca. 4-5 Stunden bis zum Abzweig nach Kigoma im Norden, wir haben noch etwa 3 Stunden Tageslicht … Glückwunsch. Fängt gut an.
Die Strecke entpuppt sich dann allerdings als eine der besten, die ich jemals in Afrika gefahren bin. Definitiv in den Top 5. Hier und da etwas steinig, aber alles in allem ein Traum von „Dirtroad“. Dazu eine grandiose Berglandschaft, die in der beginnenden Abendsonne noch malerischer aussieht. Ist der absolute Hammer. Die meiste Zeit gleiten wir sanft durch die Berg- und Hügellandschaft und eine ursprüngliche Vegetation, blicken in steile Schluchten und sehen die Bergketten der Mahale Mountains in der Ferne. Ab 18h suchen wir nach einem Platz zum campen, in der Dunkelheit weiterzufahren wäre machbar, aber nicht besonders ratsam. Aber: Jetzt wo ich die Strecke kenne, wäre das ein nächstes mögliches Abenteuer. Wir finden nicht wirklich den perfekten Spot, fahren durch das letzte auf meiner Karte eingezeichnete Dorf Mwezi und dürfen nach 5-10 weiteren Kilometern feststellen, das ab jetzt offroad angesagt ist. Nicht richtig schwierig zu fahren, aber anspruchsvoll. Es ist steil und ziemlich steinig. Da muss man aufpassen, das man sich nicht verbremst und den Abhang runterschlingest. Weitere 5 Kilometer weiter finden wir einen Platz auf einem Hügel der okay ist. Noch ca. 20 Minuten bis Sonnenuntergang, also: Camp etwas abseits der Straße aufschlagen. Gekonnt gemacht, den wir haben exakt den Rinderpfad getroffen, auf dem die Viecher zurück ins Dorf gehen. Und so kann ich mein Kisuaheli mal wieder ausprobieren. Jemand kommt auf mich zu, ich frage wie es geht, ich stelle mich vor: Hallo, ich bin Thomas (auf Kiswahili natürlich). Er schaut mich an, sagt: Ah, Thomasi, ich bin Dennisi. Irgendwie lustig, die hängen an alle Wörter, die sie nicht kennen, ebenso westliche Namen, ein „i“ und schon ist es Kisuaheli. Oder Ihre Version von Englisch.
Petrol ist Petroli, Bolt ist Bolti, Oil ist Oili und Thomas ist eben Thomasi. Und Dennisi muss die Kühe nach Hause bringen und zieht weiter. Oli und ich haben einen coolen Männerabend am Feuer, schmeißen Steaks und Kartoffeln auf den Grill. Der Vollmond scheint hell über die Hügelketten, die noch vor wenigen Minuten in goldenes Sonnenlicht getaucht waren, lässt die Nebelschwaden, die wie Zuckerwatte über den Tälern lagen, verschwinden und taucht alles in ein silbriges, märchenhaftes Licht. Ein Moment der Stille. Und Zeit für gute Gespräche am Lagerfeuer. Um zwei Uhr nachts (!), sind sechs Flaschen Bier und eine Flasche Captain Morgan Rum verschwunden, allerhöchste Zeit ins Bett zu gehen. Ich ins Dachzelt, Oli hat ein normales Zelt auf dem Boden.
Das die Nacht kurz wird, war klar, aber so kurz, damned … ich wache nach drei Stunden um 5h auf, bin bombenwach und höre draußen Geräusche, als wenn schwere Baumaschinen am Werk sind. Oder über Nacht eine Fabrik entstanden ist. Es klingt wirklich wie schwere Motoren, ein Grollen von Maschinen. Beides natürlich unmöglich, wir sind kurz vorm Arsch der Welt. Einschlafen ist jetzt nicht mehr, mein Zelt wackelt vom heftigen Wind, gegen 6h nervt mich auch noch ein helles Licht. Keine Ahnung wo das wieder herkommt, ist als wenn jemand mit Scheinwerfern aufs Zelt scheint. Stellt sich dann ziemlich schnell als ein sich wiederholendes Naturphänomen heraus: Sonnenaufgang.
Also raus aus den Federn, trotz nur drei Stunden Schlaf und erhöhter Alkoholbetankung am Abend zuvor fühle ich mich gut. Der Lärm, den ich gehört habe, entpuppt sich als brutal heftiger Wind. Das es extrem windig ist, habe ich am Flattern des Zeltes gemerkt, aber die Geräusche waren neu. Der Wind spielt eine tiefe, grummelnde Symphonie zwischen den Hügelketten, als wären es Orgelpfeifen. Ich klettere aus dem Dachzelt und sehe Oli‘s Zelt. Es ist platt wie eine Flunder am Boden. Ohne Oli. Blick in die Landschaft. Nichts, kein Oli. Blick ins Auto durch die offene Hecktür. Nichts. Mensch, den klaut doch keiner, wo ist der Kerl? Erneuter Blick ins Auto durch die Fahrertür … da pennt er versteckt auf dem Rücksitz. Das durchaus nicht hochwertige Zelt hat es wohl bei der Windstärke zerlegt, so dass er umgezogen ist. Und so steht er dann auch eine gute halbe Stunde später vor mir, mit Augenringen so tief wie der Mariannengraben. Mensch, der arme Kerl. Wir packen zusammen, bekommen das Feuer wieder in Gang, wenigstens gibt es jetzt Kaffee.
Um 8:15 Uhr ist der Landy wieder auf der Straße und es geht los. Ab hier sollte es etwas rauer werden, straßentechnisch gesehen. Berichten zumindest Gäste von uns, die hier kürzlich langgefahren sind. Steile, steinige Anstiege/Abstiege bei denen man in die Geländeuntersetzung gehen muss, in etwa 20 kleinere Flussdurchfahrten, raues Gelände. Wir fahren also ins Bamboo Valley hinein und ja, es hat seinen Namen verdient, der Bambus wächst überall wie Unkraut. Es ist ein wenig steiler und felsiger, aber nichts worüber Fahrer und Landy sich Gedanken machen müssen. Im Tal angekommen geht es durch Felder, rechts und links sind kleine Farmen, Menschen am Straßenrand. Und ich bek mein Fenster nicht weit genug auf, um die Leute zu grüßen und ihnen ein wenig näher zu sein. Ärgert mich! Weil ich das wirklich liebe. Doch die Landschaft ist ein Traum, besonders in der frühen Morgensonne.
Die Piste ist erstaunlich gut, wird etwas enger. Wagenbreite, mehr brauche ich nicht. Wir können tatsächlich Kilometer machen. Es gibt zwei kleine Flüsse, die durchquert werden müssen. Das Wasser reicht nicht mal bis zur Radnabe, der Untergrund ist fest. Breite ca. vier bis fünf Meter – easy. Alles andere stellt sich als Bewässerungskanal raus. Teils tief, natürlich schlammig und tatsächlich ein bisschen hässlich zu durchqueren. Selten breiter als zwei Meter, schafft der Landy problemlos mit Low Range – sicherheitshalber mal aktiviert. Nach 90 Minuten sind wir aus dem Tal raus und an der Abzweigung zum Mahale Nationalpark im Süden beziehungsweise nach Kigoma im Norden, unserem Tagesziel. Die Straße soll okay sein, ist aber richtig scheiße. Super steinig, steil, teils weggewaschen. Technisch kein Problem für meinen britischen Gentleman, aber nervig und anstrengend zu fahren. Nach 5,5 Stunden anstrengender Fahrt erreichen wir Kigoma, checken im Hilltop Hotel ein und sind ziemlich kaputt.
Der nächste Tag. Ausgeruht geht es um 7:30h zum Hafen in Kibirizi, dort nehmen wir das Boot in den Gombe Nationalpark. Laut Preisliste der Tansanischen Nationalpark Behörde soll es 20 Dollar pro Nase kosten. Stimmt auch, aber plus 105 Dollar für Benzin und Öl, was ja noch gekauft werden muss. Habt ihr sie noch alle? Wir bezahlen für 75 Liter Benzin, der Verbrauch ist aber nur 60 Liter, wie sich herausstellt. Im Park dann noch 24 Dollar, damit das Boot hier parken kann. Ich sage es ungern, aber man hat es echt nur mit Idioten und Betrügern zu tun, die uns Weiße für komplett dämlich halten. Das Boot ist übrigens nach unserer Ankunft wieder verschwunden, soviel zum Thema Boot parken. Gut, regeln wir später an höchst möglicher Stelle, mit den Leuten vor Ort zu quatschen ist völlig sinnlos. Hier denkt einfach fast jeder, das wenn Du weiß bist, Geld keine Rolle spielt und sie Dich abzocken können. Danke Tansania, so vertreibt man Touristen.
Gut, wir sind im Park, übernachten in einem Zelt mit ordentlichem Bett und eigenem Badezimmer. Ist echt gut und mit 60 Dollar ziemlich okay für hiesige Verhältnisse. Mit warmem Wasser in der Dusche, wäre es noch besser. Aber direkt am See mit eigener Terrasse. Die bei mir keinen Stuhl hat, bei Oli dafür drei. Ich hätte als Gastgeber auf sowas geachtet, hier interessiert es niemandem. Wir lösen das „Problem“ selbst und umgehend.
Das Schimpansen Trekking ist dann ziemlich anstrengend für mich. 1,5 Stunden geht es extrem steil den Berg hoch an den Punkt, an dem sich die Schimpansen normalerweise tummeln. Normalerweise. Heute nicht. Die Ranger sind sehr bemüht, verschwinden im Urwald, um die Schimpansen zu finden. Nichts. So müssen wir umkehren, was weniger anstrengend, aber durchaus nicht ungefährlich ist. Wir, das sind übrigens Oli und ich mit einem Ranger und ein belgisches Pärchen mit einem Ranger. Ein Ranger, maximal sechs Personen, $23,60 für die Gruppe. Wir sind zwei Gruppen zu je zwei Leuten mit zwei Rangern, sauber … nächste Abzocke, doppelt bezahlt.
Fast im Camp angekommen finden wir noch eine Schimpansin mit einem Jungen, folgen Ihr soweit in den Busch wie wir können. Immerhin, nicht berauschend aber manchmal ist das eben so. Aber Oli ist zufrieden und so bin ich es auch. Der Nachmittag ist zum relaxen da. Wir haben ein leckeres – und für tansanische Verhältnisse leicht überteuertes – Abendessen, genießen den Sonnenuntergang mit einem warmen Bier und fallen müde ins Bett.
Am nächsten Morgen geht es mit dem Boot zurück nach Kigoma. Im Hilltop Hotel treffen wir Dirk und Simon, die von Sansibar eingeflogen sind. Wir verbringen einen chilligen Tag, genießen lokales Streetfood, machen eine Tour auf der MS Liemba. Dann geht es am Donnerstag auf den langen Ritt in den Katavi Nationalpark. Schöne Strecke, aber nach neun Stunden sind alle ziemlich kaputt. Wir werden sehr herzlich im MbaliMbali Camp begrüßt, genießen einen Willkommensdrink bevor wir uns verabschieden. Oli und ich haben uns auf einer nahegelegenen Campsite eingebucht, schlagen unser Camp auf und sitzen noch lange am Lagerfeuer unter einem grandiosen Sternenhimmel.
Safari, Safari. Das Motto für den heutigen Tag. Wir gehen auf Game Drive, sehen Giraffen, Elefanten, Büffel, Antilopen. Die Löwen verpassen wir knapp. Mist. Aber manchmal ist das halt so. Wir treffen Dirk und Simon auf Game Drive, so wie Jacob und Familie, die vor ein paar Tagen noch bei uns in der Lake Shore Lodge zu Gast waren. Die Welt ist kleiner als man denkt. So gegen 11 Uhr, haben wir die meisten Pisten um den Katavi River abgefahren. Somit haben wir noch genug Zeit, um uns „Paradise Island“ anzuschauen. Soll ein ziemlich cooler Spot sein, 40 Kilometer in den Nationalpark hinein. Nette Tour, gut zu fahren, die letzten zwei Kilometer gehen dann aber durch dicken Busch, bevor sich der Trail wieder lichtet. Eine Herde Giraffen kreuzt unseren Weg, Antilopen, Zebras. Und dann stehen wir vor einem Fluss. Nichts großes, vielleicht fünf Meter im Durchmesser. Da müssen wir durch, um dann die letzten drei Kilometer nach Paradise Island zu fahren. Auf der Karte ist der Punkt für die Flussdurchfahrt richtig, aber: Keine Reifenspuren. Unbekanntes Gewässer. Fahren oder nicht, das ist die Frage. Wie es weiter geht, lest Ihr im zweiten Teil …